Karlheinz Six

Neu anfangen mit Franziskus

Bild: Neu anfangen mit Franziskus

Neu anfangen: Das kann im Leben öfter vorkommen. Wie war das eigentlich bei Franz von Assisi? Davon erzähle ich dir in dieser Episode. Und damit bin ich wieder zurück von meiner Pause.

 

Diesen Podcast mache ich in meiner Freizeit. Wenn du diese Arbeit auch finanziell anerkennen möchtest, dann kannst du mich über ko-fi auf einen Tee einladen oder direkt über Paypal einen kleinen Betrag senden.

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Transkript

Hallo und herzlich Willkommen nach meiner dreimonatigen Pause. Heute starte ich wieder mit der 49. Episode und einer neuen musikalischen Umrahmung. Aber nicht nur das hat sich verändert, sondern auch auf meiner Webseite findest du einige neue Inhalte, die in den nächsten Monaten noch weiter ausgebaut werden.

Nach einer Pause also ein Neuanfang. Was wäre da wohl besser als eben dieses Thema. Ich habe mich ja schon in meiner ersten Folge dem Thema „Anfang“ gewidmet. Damals habe ich eher einen biblischen Zugang zu diesem Thema gewählt. Diesmal möchte ich jedoch über Franz von Assisi sprechen, der ja in seinem Leben auch einen radikalen Neuanfang setzte. Er kam ja schon öfter in meinem Podcast vor. So in den Folgen vier und achtzehn. Siehe Shownotes.

Auch bei mir kam es vor kurzem zu einem Neuanfang. Nach einem Jahr Bildungskarenz begann ich im September wieder zu arbeiten. Wobei das nicht so ganz stimmt: Denn zwei Tage vor Arbeitsbeginn fasste ich gleich mal Corona aus und lag zwei Wochen im Bett. Toller Anfang. Nun ja, so ist das Leben.

Bevor es nun losgeht, möchte ich mich einmal sehr herzlich bei allen treuen Hörerinnen und Hörern bedanken. Vor allem auch für die positiven Rückmeldungen, die ich bekomme. Es freut mich auch, wenn ihr meine Folgen in eurem Netzwerk teilt, sodass sie auch andere hören können. Nachrichten von euch und Kommentare auf meiner Webseite lese ich immer gern. Auch Themenvorschläge für neue Folgen nehme ich sehr gern entgegen.

So jetzt geht’s aber los.

Franziskus sagte einmal selbst von sich, dass er ein Leben geführt hatte, als ob es Christus nicht geben würde. Er spricht über seine Vergangenheit. Damit drückt er schon aus, dass es einen Wendepunkt in seinem Leben gegeben haben muss.

Wenn wir von WendePUNKT sprechen, dann stellen wir uns darunter ein einmaliges Ereignis vor, dass die Veränderung markiert. Tatsächlich gab es ein solches auch im Leben des Franziskus. Jedoch lag vor diesem Zeitpunkt ein circa dreijähriger Veränderungsprozess. Der Wendepunkt markiert damit nur den öffentlichen Abschluss dieses Prozesses.

Aus Sicht seines Vater hat er es nämlich schon zu lange viel zu bunt getrieben. Einer der Höhepunkte spielte sich in Foligno ab, 20 Kilometer von Assisi entfernt. Dort verkaufte Franz einige Stoffe seines Vaters und das Pferd, mit dem er hingeritten war. Das Geld wollte er für die Renovierung der kleinen, verfallenen Kapelle San Damiano außerhalb von Assisi verwenden.

Der dortige Priester nahm das Geld allerdings nicht an, gestattet ihm aber, dort zu wohnen. Dem Vater platzte endgültig die Hutschnur. Er wollte sich seines Sohnes bemächtigen und ihn zur Vernunft bringen. Franz aber flüchtete in eine Höhle am Monte Subasio. Dort wurde er von seinen Freunden mit Essen versorgt. Teilweise verließ er seine Höhle gar nicht mehr – aus Angst, sein Vater könne seiner habhaft werden.

Das alles geschah im Jahr 1206. Franzikus war 24 Jahre alt.

Einen Monat später ging Franz von sich aus nach Assisi zurück. Zu Hause angekommen sperrte ihn sein Vater erfüllt von Zorn und Wut in einen Keller oder Kerker. Dieser kann heute in der Chiesa Nuova in Assisi besichtigt werden.

Der Vater wollte ihn mit guten Zureden und dann mit Gewalt zur Einsicht bringen. Tage später befreite ihn jedoch seine Mutter. Der Vater war gerade abwesend. Franz ging wieder nach San Damiano.

Daraufhin schaltete der Vater die staatlichen Behörden ein. Denen gegenüber erklärte Franziskus, dass er nun nicht mehr diesen Behörden unterstehe, da er ganz und gar Diener Gottes sei. Daher wurde der Vater von den Behörden an den Bischof verwiesen.

Und da kommt es dann zum großen Showdown. Der damalige Beschofssitz befand sich bei der Kirche Santa Maria Maggiore.

Und jetzt sind wir beim letzten, entscheidenden WendePUNKT angelangt.

Folgende Worte sprach Franzsikus bei dieser Verhandlung aus:

Hört alle und versteht! Bis jetzt habe ich dem Petrus Bernadonis meinen Vater genannt. Weil ich mich aber nun entschlossen in den Dienst Gottes stellen will, gebe ich jenem das Geld zurück, das ihn so in Unruhe bringt, und alle Kleider, die ich aus seiner Habe besessen habe. Von nun an werde ich sagen: ‚Vater unser im Himmel‘ – nicht mehr Vater Pietro di Bernadone.

Dabei hat sich Franziskus nackt ausgezogen und seinem irdischen Vater alles in die Hand gedrückt, was er noch besessen hatte. Der Bischof, beeindruckt von dieser Geste, ließ sofort seinen Mantel um Franz werfen. Der Vater trottete verdattert ab und hat ihn natürlich enterbt.

Von den Eltern erfährt man ab diesem Zeitpunkt nichts mehr.

Franziskus verlässt Assisi, lässt sich kurzzeitig in einer Benediktiner-Abtei nieder, führte aber zunächst hauptsächlich das Leben eines Büßers und Einsiedlers bevor sich ihm noch weitere Freunde anschlossen. Alle samt ließen sich letztlich rund um die Kapelle Santa Maria degli Angeli nieder, wobei sie zugleich auch ein Wanderprediger-Dasein führten.

Der Neuanfang kündigte sich an. Die Verhandlung vor dem Bischof setzt schließlich ein deutliches und öffentliches Zeichen, dass sich im Leben des Franziskus eine Wende vollzogen hatte. Der Neuanfang war deutlich das Ende sowohl seines alten Lebens als auch eines Prozesses, der zu diesem Anfang geführt hatte.

Denn kein Neuanfang kommt aus dem Nichts, sondern bereitet sich immer vor. Im Fall von Franziskus waren es ungefähr drei Jahre. Drei Jahre, in den er seine Ideale, seine Werte und sein Leben auf den Prüfstand stellte und zu einem negativen Urteil kam. Zugleich begann er durch verschiedene Erlebnisse die Welt um sich neu zu sehen und anders als bisher zu beurteilen.

Das Kleine wurde für ihn groß. Das Unbedeutende bedeutend. Das Kranke zum neuen Mittelpunkt seines Lebens.

Nachdem er eine Zeitlang als Einsiedler gelebt hatte, kehrte er nach Assisi zurück und ließ sich in einem Lepösenheim nieder, um dort die Kranken zu pflegen. Die Kranken und die Armen und die eigene Armut wurden für ihn zum Kernanliegen in der Nachfolge Jesu.

Und in diesem Sinn lautet der Beginn von seinem Testament folgendermaßen:

So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu beginnen: denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt. Und danach hielt ich eine Weile inne und verließ die Welt.

Von nun an führte er ein Leben wie ein Pilger und Fremder auf dieser Welt, wie er in Hinblick auf den ersten Petrusbrief des Öfteren schreibt.

Ich möchte gar nicht viel mehr über das Neuanfangen sagen. Das Leben des Franziskus wird so geschildert, dass es einen Zeitpunkt gab, in dem es zum deutlichen Bruch mit dem alten Leben kam.

Ich möchte abschließend lediglich fragen, ob es bei jedem Neuanfang im Leben immer einen solch deutlichen Bruch gibt?

Manche finden sich nach einer längeren Krise oder einem Veränderungsprozess einfach in einer neuen Situation vor. Da gab es vielleicht keine so deutliche Markierung.

Ich kann mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die eine neue Lebensituation zunächst gar nicht so richtig mitbekommen. Dass sie sich schleichend anbahnt, dass das Neue unter der Wahrnehmungsschwelle bleibt. Und dann merkt man sie erst einige Zeit später.

Und bei anderen wiederum kommt es ganz plötzlich: durch einen Unfall, durch eine Krankheit, durch eine abrupte Trennung. Da beginnt etwas Neues, was man vielleicht gar nicht haben möchte. Das Leben zwingt zu einem Neuanfang, den man gar nicht setzen wollte. Mit dem man sich arrangieren muss, will man nicht resigniert weiterleben oder aus dem Leben scheiden.

Ganz anders jedoch bei jenen, die gern einen Neuanfang setzen, ihr altes Leben und die Umgebung hinter sich lassen möchten. Jedoch: Sie tun es nicht. Aus irgendwelchen Gründen sind sie gefangen im Leben, aus dem sie nicht ausbrechen können.

Will man ausbrechen, braucht es Mut und viel Kraft, v. a. Widerstandskraft. Nicht jeder bringt diesen Mut und diese Kraft auf.

Steht ihnen dann ein Gott zur Seite, der befreit? Oder bleibt Gott fern, weit weg und kümmert sich angesicht der vielen großen Katastrophen nicht um das kleine Schicksal eines Einzelnen? Oder hat Gott den Menschen einfach frei gelassen, sodass dieser nun sein Leben selbst in die Hand zu nehmen hat?

Was meinst du?

Wie waren deine Neuanfänge? Freiwillig oder erzwungen? Lange vorbereitet oder ganz plötzlich? Führten sie zu einem besseren, reicheren, erfüllteren Leben? Oder ganz woanders hin?

Wie stand es mit deinem Mut und deiner Kraft?

Gab es überhaupt schon Neuanfänge in deinem Leben? Oder möchtest du einen setzen, kannst aber nicht?

Wenn du magst, kannst du mir das gern schreiben. Entweder als Kommentar zu diesem Podcast auf meiner Webseite oder per E-Mail. Ich freue mich von dir zu lesen.

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