Karlheinz Six

Tu Gutes und verbirg es!

Titelbild: Tu Gutes und verbirg es

Die Jubiläumsfolge ist etwas anders als die bisherigen Folgen. Ich knüpfe inhaltlich bei der letzten Episode an und lese einen kleinen Abschnitt aus meinem Buch „In der Dunkelheit“ vor. Darin vertrete ich die These: Tu Gutes und verbirg es! Denn: Gott ist im Verborgenen.

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Transkript

Herzlich Willkommen zur Jubiläumsfolge meines Podcasts „aus&aufbrechen“. Es ist das die zehnte Folge und darüber freue ich mich sehr. Diese Folge wird auch etwas anders sein als die anderen Folgen, denn ich möchte diesmal einfach einen Abschnitt aus meinem Buch „In der Dunkelheit“ vorlesen. Damit will ich nämlich an das anknüpfen, was ich schon in der letzten Episode ausgeführt habe. Es soll eine Vertiefung sein und einen neuen Aspekt in das Thema der Werke der Barmherzigkeit Fasten, Beten und Almosengeben einbringen. Dieser Aspekt lässt sich in dem kurzen Satz zusammenfassen: Tu Gutes und verbirg es!

Bevor es losgeht, möchte ich darauf hinweisen, dass ich sehr gern mit dir in den Austausch gehe. In den Shownotes habe ich alle Kontaktmöglichkeiten angeführt. Auch den Link zu meinem Buch findest du dort. Ich freue mich sehr, wenn du diesem Podcast, mir auf Instragram oder meiner Facebook-Seite folgst oder meinen YouTube-Kanal abonnierst. Gern kannst du dich auf meiner Homepage auch für meinen Newsletter eintragen lassen. –

Ich habe schon in der letzten Episode gesagt, dass es in der Fastenzeit bzw. der österlichen Bußzeit um drei Werke gehen soll: Fasten, Beten und Almosengeben. Dies führt Jesus im Matthäus-Evangelium in der Bergpredigt aus. Jesus geht es in dieser Rede um eine höhere Gerechtigkeit. Und da setze ich nun ein und lese vor:

Diese „drei Formen der Spiritualität, die sowohl unter Juden wie auch unter Christen eine hohe Bedeutung einnehmen, umfassen den Menschen in seiner Dreidimensionalität, nämlich in der Menschen- (Almosen geben), Gottes- (beten) und Selbstbeziehung (fasten). Im Zentrum steht die Gottesbeziehung, von der her die Menschen- und Selbstbeziehung gelebt werden soll. Aber auch der gesamte Abschnitt steht in einem Zentrum, nämlich dem der Bergpredigt. Mit dieser zentralen Stelle möchte der Autor die besondere Bedeutung des Gesagten unterstreichen. Im Zentrum, im Mittelpunkt unseres Glaubens steht Gott, der das Verborgene sieht, nicht das öffentliche Präsentieren der eigenen Frömmigkeit und nicht die menschliche Anerkennung. Darin liegt die höhere Gerechtigkeit, die dieser biblische Abschnitt nochmals thematisiert.

Das Almosengeben betrifft die Dimension der Beziehung zu anderen Menschen. Hier hat gerade jener Vorrang, der benachteiligt ist. Wenn wir das auf heute übertragen, so kann das nicht mehr besagen, menschliche Not durch Geld- oder Sachleistungen zu verbessern. Es muss prinzipieller verstanden werden: Menschen in Not sollen insgesamt Vorrang vor jenen haben, die nicht in Not sind. Aus ihrer Perspektive soll die Welt gesehen und gestaltet werden. Die katholische Soziallehre spricht von der vorrangigen Option für die Armen und Schwachen. Wenn ich nach dieser Option handle, fordert Jesus in aller Radikalität, dass meine Linke nicht wissen soll, was meine Rechte tut. Tu Gutes und verschweig es! So könnte der Imperativ lauten. Denn es geht nicht um die Anerkennung unter Menschen, sondern einzig um die Anerkennung durch Gott. Wer Gutes tut, dem muss diese Tat selbst schon Befriedigung sein und er soll nicht noch zusätzlich Anerkennung von den Menschen fordern. Wird die gute Tat äußerlich bekannt, ist das der Nährboden für Selbstbeweihräucherung und Stolz, und somit der Nährboden für Sünde.

Das Beten betrifft die Dimension der Beziehung zu Gott. Vorrang in der Gottesbeziehung hat das Gebet, d. h. das Gespräch mit Gott, wobei dieses kein Plappern sein soll. Vorrang hat das ernst gemeinte Gebet, das Gebet, welches das zur Sprache bringt, was mich betrifft. Um es noch genauer zu sagen: Vom griechischen Wort für Beten her, proseúchomai, hat das Bittgebet gegenüber anderen Gebetsformen den Vorrang. Auch in dieser Beziehung kann ich mir nochmals die Anerkennung durch die Menschen sichern, indem ich in äußerlich-ritualistischer Weise meine Gebete an Gott vor den Menschen laut hinausposaune, die dann loben, welch gottgefälliges Leben ich führe. Ganz anderes fordert Jesus: Verbirg dein Bitten vor den Menschen! Also stell dich nicht öffentlichkeitswirksam in die Synagogen (Kirchen) und an die Straßenecken, sondern geh in deine Vorratskammer, in die Kammer, die im Haus versteckt und straßenseitig nicht einsehbar ist. Gott ist im Verborgenen, also verbirg dich, wenn du Gott nahe sein willst.

Selbstverständlich ist das gemeinsame Gebet (im Gottesdienst) nicht ausgeschlossen. Ausschließen möchte Jesus mit seiner radikalen Ansage aber, dass wir beten, um menschengefällig zu sein. Lukas formuliert so, dass wir nicht von unserer eigenen Gerechtigkeit überzeugt sein, sondern uns demütig zum Himmel erheben sollen (Lk 18,9-14). Das ist durch das Gemeindegebet nicht ausgeschlossen, welches als Zentralgestalt das Bittgebet hat. Das Bittgebet ist jedoch nicht der Grund für die Gabe Gottes. Vielmehr ist die Gabe Gottes Ermöglichungsgrund für das Bittgebet. Durch das aufrichtige Bittgebet wird der Mensch erst offen dafür, die Gabe Gottes als solche, also als Gabe und Geschenk, wahrzunehmen. Im Bittgebet wissen wir, dass nicht alles in unserer Macht steht, dass wir Empfangende sind. Für dieses Empfangen macht uns das Bittgebet offen und erst in diesem Bewusstsein können wir etwas als Geschenk und Gnade empfangen.

Das Fasten betrifft die Dimension der Beziehung zu sich selbst. Fasten meint, sich selbst Essen und Trinken vorzuenthalten. Es geht hier um menschliche Grundbedürfnisse, die das (irdische) Leben des Menschen erhalten. Wer sich ganz auf Gott einlässt, der wird sich auch auf die Relativität des irdischen Lebens einlassen und darüber hinaus nach einer größeren Gerechtigkeit streben, d. h. nach dem ewigen Leben, der ewigen Gottesnähe, dem Himmelreich. Daher kann er sich im irdischen Leben auch enthalten; er kann loslassen. Er kann sich auch bei seinen basalen Grundbedürfnissen zurücknehmen, wenn es die Verwirklichung der höheren Gerechtigkeit erfordert. Jedoch gibt es da keinen Grund, ein düsteres Gesicht zu machen. Der Mensch, der sich auf den Weg zur Gottesnähe befindet und sich daher einschränkt, hat wohl Grund genug zur Freude. Daher können wir ruhig unser Haar salben und unser Gesicht waschen. Wir können fröhlich sein und unser Fasten vor den Menschen verbergen, denn Gott, der im Verborgenen ist, wird es (an)erkennen.

Diese Anforderungen Jesu entsprechen so gar nicht unserem Zeitgeist. Wir wollen für alles, was wir geben, auch etwas nehmen – im gleichen Ausmaß – und wir stellen die Forderung auf, dass die, die nehmen, auch geben sollen. In einer idealen Welt wäre das vielleicht so. Und dieser Idealismus ist sicherlich auch dem Christentum inhärent. Jedoch ist das Christentum nicht blind vor der Realität, die Ausbeutung, Unterdrückung und mehr Nehmen als freies Geben beinhaltet. In unserer realen Welt braucht es Menschen, die frei heraus mehr geben als nehmen und sich mehr Lasten aufbürden, damit andere nicht so schwer tragen müssen. Es braucht Menschen, die bereit sind, etwas auszugleichen, was andere ins Ungleichgewicht gebracht haben.

Mir ist bewusst, dass diese Sätze auch als Aufforderung zur Selbstausbeutung missverstanden werden können. Jesus fordert aber keine Selbstausbeutung, sondern Hingabe für eine bessere Welt. Selbstausbeutung ist ein Form von Ausbeutung und in der Welt, die den Christen vorschwebt, hat Ausbeutung keinen Platz. Hingabe für andere darf nicht zum Selbstopfer mit überzogenem messianischen Größenwahn werden. Ich muss immer noch ich bleiben; ansonsten habe ich alles verloren, was ich hingeben kann – mich selbst.“

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